Wieder Streit im Dorf Erdlingen
(25./26.03.1999)
Die
beiden Halbbrüder Sebastian und Albert Koss leben in
einer kleinen Wohnung.
Sie streiten sich ständig. Sebastian, der große Bruder,
haut dem kleinen einen Zahn aus.
Der dicke Muskelprotz Otto Natt, der gegenüber vom
Nachbarhaus aus alles sieht, ruft ständig an und
beschwert sich bei Sebastian, er solle doch den kleinen
Bruder in Ruhe lassen.
Sebastian pfeift darauf und prügelt den Kleinen nun erst
recht.
Der Natt möchte natürlich gerne die Polizei rufen, nur
in dem kleinen Dorf Erdlingen gibt es keine - die gerade
mal hundert Familien machen alles immer unter sich aus.
Natt ruft auch den Onkel von Sebastian an, Herrn Rusker,
der über den beiden wohnt. Früher war der genauso dick
wie Otto Natt, war aber lange krank und ist jetzt etwas müde
und abgemagert, sieht aber immer noch groß und kräftig
aus.
Der ermahnt seinen Neffen auch, hat aber mit seinen
eigenen Kindern schon genug Ärger.
Natt kann das nach einiger Zeit nicht mehr mit ansehen.
Er droht dem Sebastian: er kommt und versohlt ihn, wenn
der nicht aufhört.
Natt redet viel auf die Brüder ein und die hören dem
großen Nachbarn auch erst einmal eine Weile zu.
Die Brüder versprechen dann auch, von nun an Ruhe zu
geben, aber Natt traut den beiden nicht und will
unbedingt eine Videokamera in die Wohnung der beiden
stellen, um auch immer überwachen zu können, ob es
nicht doch wieder Streit gibt.
Das will der Sebastian auf keinen Fall und so geht der
Streit wieder los.
Natt ist mit seinem Latein am Ende - vom Umgang mit
Menschen versteht er eh nicht viel und da er immer so
viel Krafttraining gemacht hat, findet er nachdrücklichere
Argumente bequemer.
Er droht jetzt dem Sebastian "Morgen komme ich und
versohle dir den Hintern"- der macht ihm eine lange
Nase.
Sebastian denkt sich "Jetzt muß ich den Albert
schnell noch ganz grün und blau schlagen, bevor der Natt
kommt".
In dieser Nacht kriegt Natt natürlich das noch größere
Geschrei mit und wird jetzt richtig wütend. Er schmeißt
den Brüdern das Fenster ein.
Herr Rusker oben beschwert sich, "Was fällt Ihnen
ein, anderer Leute Fenster einzuwerfen". Früher
hatten Natt und Rusker voreinander ziemlichen Respekt,
aber Natt fühlt sich jetzt stark und kümmert sich nicht
um anderer Leute Ansichten und Gefühle, wenn er sich im
Recht fühlt.
So ein Stein im Fenster ist wohl ein gutes Mittel um
ganz freundlich und friedlich zu werden ?
Der Sebastian wird sicher gleich seinem Bruder die Hand
geben und sagen "Tut mir leid, ich habe mich scheußlich
benommen, ich sehe es ein, laß uns wieder friedlich und
freundlich zusammenleben. Du bekommst auch ein eigenes
Zimmer."
So dumm das zu glauben ist aber auch Natt nicht. Er weiß
zwar nicht, wie man nett mit Leuten umgeht und sie überzeugt,
aber daß der Stein den Sebastian erst richtig wütend
macht, kann er sich denken.
Er geht also hin, um die Tür einzutreten und dem
Sebastian eine tüchtige Tracht Prügel zu verpassen -
als notwendige erzieherische Maßnahme.
Sebastian hat aber auch noch einen Schlagring, den er mal
von seinem Onkel bekommen hat. Den holt er sich jetzt und
wartet auf Natt. Da er einmal den Schlagring auf der
Faust hat und ziemlich sauer und aggressiv gelaunt ist,
schlägt er damit erst einmal seinen Bruder und denkt
sich "Wenn ich den Albert so richtig k.o. schlage,
kann er nicht mehr schreien - wenn erst Ruhe ist, kann
der Natt nichts mehr erreichen und hat keinen Grund mehr,
sich über die Streitereien zu beschweren."
Was wird Natt also machen ? Nach der ersten Ohrfeige
von Natt ein Rückschlag von Sebastian, den Natt von der
Magengrube abwehrt und der ihm in die Rippen geht ?
Natt muß sich dann wohl erst noch seinen Schlagstock
holen, um mit Sebastian fertig zu werden.
Wie will er verhindern, daß der Sebastian den Albert
weiter schlägt ?
Er muß ihn die ganze Zeit festhalten oder er muß ihn
krankenhausreif schlagen oder er muß den Albert mit zu
sich nach Hause nehmen und sich da um ihn kümmern - er kümmert
sich allerdings schon kaum genug um die eigenen Kinder.
Er kann natürlich auch darauf hoffen, daß der Sebastian
genug Angst davor hat, schwer verletzt zu werden oder das
seine ganze Wohnung zu Bruch geht.
Vor allem diejenigen, die immer nett und lieb zu ihren Brüdern
sind, geben wirklich klein bei, wenn sie terrorisiert
werden.
Der Albert wird aber auch schon lange terrorisiert und
gibt keine Ruhe.
Warum funktioniert denn die vernünftigere und
einfachere Lösung nicht, die beiden Brüder zu überzeugen,
zu versöhnen und den Grund des Streites zu beseitigen ?
Wenn der Natt das wüßte, würde er es vielleicht noch
einmal auf die richtige Art versuchen ?
Aber wenn der Natt erst mal in Wut und in Fahrt ist, fällt
ihm wie bei allen Menschen das Denken besonders schwer.
Er sagt sich: Lieber Unvernünftiges als gar nichts tun.
Er denkt dann auch nicht daran, wie leicht 10 umkommen
können, die blindlings und unvernünftig losstürmen, um
einem einzelnen zu helfen.
Und seine Kinder, woran denken die ? An die
Familiengeschichte, von der Natt so oft erzählt hat.
"Der Großvater vom Sebastian hatte vor langer Zeit
den Nachbarn provoziert.
Mein Großvater hatte dem Nachbarn versprochen, ihm immer
zu helfen und bei allem mitzumachen und hat dann mit ihm
zusammen mit den Ruskers und dann mit allen anderen
Nachbarn Streit angefangen.
Anschließend mußte unsere Familie enorm viel
Schadensersatz bezahlen.
Der Vater war als Kind darüber so wütend, daß er später
als er größer war selber einen noch größeren Streit
angefangen hat.
Das Schmerzensgeld davon haben wir immer noch nicht
abbezahlt.
Danach hat unsere Familie beschlossen, daß von unserem
Boden aus nie wieder ein Streit ausgehen soll. Mit diesem
Grundsatz bin ich aufgewachsen."
Was wohl machen erst die Kinder vom Natt, wenn SIE
einmal groß sind ?
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